Backen in der Bronzezeit?

2018 wurde bei einer Ausgrabung in Riehen ein sensationeller Fund gemacht. Es handelt sich um eine Keramikhaube, mit der vor über 3000 Jahre auf eine spannende Art und Weise Speisen zubereitet wurden. Es ist der erste Fund dieser Art in der Schweiz.

Die Entdeckung

Im Jahr 2018 wurde auf der Grabung «Riehen-Haselrain» ein Gefäss mit einem abgebrochenen Henkel und seltsamen Brandspuren entdeckt. Es ist zwischen 3300 und 3000 Jahre alt und stammt aus der Bronzezeit. Zurzeit vermuten wir, dass es sich um eine Backhaube oder -glocke handelt. Darunter versteht man ein meist glocken- oder schüsselförmiges Gefäss, welches zum Kochen und Backen verwendet wurde. Auf dem Areal am Haselrain und dem der aktuelleren, angrenzenden Grabung «Riehen-Inzlingerstrasse» wurden die Überreste einer Siedlung aus der Zeit zwischen 1600 bis 900 v. Chr. mit vielen Funden und Befunden, darunter auch Hausgrundrisse, freigelegt. Es ist das erste Mal, dass auf dem Gebiet des Kantons Basel-Stadt eine bronzezeitliche Siedlung grossflächig untersucht werden kann.

Eine Haube zum Kochen

Um mit einer Backhaube zu kochen, muss man zuerst ein Feuer anzünden, das den Untergrund – z. B. eine Lehmplatte – erhitzt. Ist der Boden genügend erwärmt, werden das Feuer und die Glut weggefegt und das Kochgut wird auf den heissen Untergrund gelegt. Darüber stülpt man nun die ebenfalls im Feuer erhitzte Backglocke und überdeckt diese noch zusätzlich mit Asche und Glut. Durch die Hitze im Inneren der Haube wird das Essen gargekocht. Diese Art der Zubereitung eignet sich besonders gut für das Backen von qualitätsvollem, sprich gesäuertem Gebäck. Mit Hilfe von solchen Gefässen konnten allerdings auch Fleisch und Fisch geschmorrt werden, ähnlich wie in einer nordafrikanische Tajine oder in einem Römertopf. Es ist also auch heute noch in manchen Teilen der Welt üblich, unter einer solchen Haube oder Gefäss zu kochen.

Ein einzigartiges Stück aus Ton

In der Bronzezeit wurden Backhauben oder -glocken, wie alle Keramik, von Hand aus Ton gefertigt. Dem Ton wurde – je nach Verwendungszweck – eine organische Magerung aus Pflanzen oder Knochen, Schotter, Sand, Steinchen und Keramikbruchstücken beigemischt, damit es zu keinen Hitzesprengungen kommt. Das Exemplar aus Riehen dagegen besteht aus feingemagerter Keramik, die sorgfältig verziert worden war. Dies ist eher überraschend, da solch feine Gefässe bei zu grosser Hitze Risse bekommen können. Das Objekt aus Riehen ist einzigartig, da es ansonsten aus dem Gebiet der heutigen Schweiz keinen vergleichbaren Fund gibt. Parallelen zur Riehener Backhaube finden sich während der Spätbronzezeit hauptsächlich in Bosnien, Kroatien, Slowenien, Ungarn und Mittelitalien.

Weitere Deutungsmöglichkeiten

Aufgrund der feinen Magerung hätte das Keramikobjekt – auch wenn für das Backen und Schmoren keine allzu hohen Temperaturen benötigt werden – mit Vorsicht benutzt werden müssen. Zudem hat es mit 14.5 bis 17 cm einen verhältnismässig kleinen Durchmesser. Denkbar wäre daher, dass die Brandspuren, sekundärer Natur sind und die Glocke dazu diente, beispielsweise Nahrung vor Tieren, wie etwa Insekten, zu schützen oder Gegenstände vor neugierigen Blicken zu verbergen. Ebenfalls nicht gänzlich auszuschliessen ist die Verwendung als Deckel eines Topfes. Möglicherweise werden zukünftige Analysen der Scherben neue Hinweise auf die Verwendung des ungewöhnlichen Gefässes geben.

 

Mehr zu dem und weiteren Keramikobjekten aus der bronzezeitichen Siedlung "Riehen-Haselrain" finden Sie im Jahresbericht der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt 2020.

 

Details:

  • Fundobjekt: Keramikhaube (Duchmesser: 14.5-17 cm/ Höhe: 9.5 cm)
  • Datierung: frühe Spätbronzezeit. Zwischen 1300 und 1000 v. Chr.
  • Fundort: Riehen-Haselrain

Rezept für «bronzezeitliche» Mohnbrötchen

Experimentierfreudige Personen können das Backgut direkt auf einer im Feuer erhitzten Ton- oder Steinplatte backen und mit einem hitzebeständigen Deckel zudecken. Sämtliche Zutaten aus dem Rezept bis auf die Hühnereier waren bereits in der Bronzezeit vorhanden. Damals verwendete man vermutlich noch Eier von wilden Vögeln, da der älteste Nachweis von Hühnern im Gebiet der heutigen Schweiz erst aus der Eisenzeit stammt. Ganz Findige können das Rezept z. B. mit Wachtel- oder Enteneier ausprobieren.

Zutaten

  • 2 Eier
  • ½ Tasse Milch
  • ½ Tasse Butter oder Schmalz
  • 3 EL Mohnsamen
  • 2 Tassen Dinkelvollkornmehl
  • 1 Handvoll Haselnüsse

Eier, Fett und Honig in einer Schüssel gut verrühren. Den Mohn evtl. im Mörser zerreiben, mit der Milch aufkochen und 10 Minuten ziehen lassen. Zusammen mit dem Mehl in die Schüssel geben und gut kneten. Kleine Kugeln formen und auf jede eine Haselnuss drücken. Auf der erhitzten Backplatte zugedeckt mit etwas Asche fest werden lassen oder im Ofen bei 180-200° C während 20 Minuten backen, bis die Brötchen Farbe annehmen.

Aus: Irmgard Bauer et al., Kulinarische Reise in die Vergangenheit – ein Kochbuch mit Rezepten von der Steinzeit bis ins Mittelalter, Zug 1995. Link: https://www.urgeschichte-zug.ch/shop

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Die mutmassliche Backglocke stammt aus einer bronzezeitlichen Grube voller Keramik. Foto: Philippe Saurbeck.

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Die Grabung Riehen-Haselrain im Jahr 2018 – Fundort der aussergewöhnlichen Keramikhaube. Foto: Philippe Saurbeck