Hoch- und Spätmittelalter: 800-1500 n.Chr.

Auf der Kantonskarte sind Fundstellen des Hoch- und Spätmittelalters eingetragen: Stadtgebiet von Basel, Dörfer in Kleinhüningen, Riehen und Bettingen, Burgen und Landsitze, Richtplätze und Kirchen und Kapellen.
Fundstellen des Hoch- und Spätmittelalters (800-1500 n.Chr.)

Das «mittlere Alter» zwischen Antike und Neuzeit wird gerne als «finster» bezeichnet. Der Mangel an Geschichtsquellen und ein heute fremd wirkendes Gesellschaftssystem, der Feudalismus, führten zu dieser Qualifizierung. Gerade für die «geschichtslose», beziehungsweise quellenarme Zeit des hohen Mittelalters vermag die Archäologie wesentliche Kenntnislücken zu schliessen.

Dank archäologischer Ausgrabungen konnten im ganzen Stadtgebiet Kirchen, Profanbauten und auch Stadtbefestigungen aus dem Mittelalter nachgewiesen werden. Diese Untersuchungen zeigen, dass nach dem ländlich wirkenden Frühmittelalter hier eine zunehmend urban organisierte Gesellschaft entstand.

Zu Basel gab es über 30 Kirchen, Chorherrenstifte, Klöster und Kapellen. Diese zeugen von einem reichen kirchlichen Leben. Viele dieser Gotteshäuser wurden mehr oder weniger umfassend archäologisch untersucht.

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Basel-Birsigmündung

Ab dem 9./10. Jahrhundert entwickelte sich zwischen Petersberg und Birsig eine vorerst noch locker bebaute Siedlung aus Holzbauten, die zum Wohnen und Arbeiten dienten.

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Basel-Petersberg (heute Spiegelhof)

Im Gebiet des heutigen Spiegelhofs befand sich um 1100 eine Handwerkersiedlung, die sich unter anderem auf Gerberei spezialisiert hatte.

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Basel-Birsigmündung

Im 12. und 13. Jahrhundert wurden immer mehr Häuser in Stein gebaut und um 1225 entstand die erste Rheinbrücke. Bis ins 19. Jahrhundert war dies in Basel der einzige feste Übergang über den Rhein.

Bereits im 10. Jahrhundert wohnten Handwerker im unteren Birsigtal im Bereich Schifflände – Fischmarkt – Petersberg (heute Spiegelhof), was durch zahlreiche Reste von Holzhäusern und Funden von Lederverarbeitungsresten belegt ist. Seit dem 11. Jahrhundert gibt es in der unteren Talstadt neben Holzbauten auch erste Steinbauten wie Wohnhäuser und innerstädtische Türme. In der Zeit bis zum 13. Jahrhundert dehnt sich die Besiedlung auf das gesamte Stadtgebiet innerhalb der inneren Stadtmauern aus. Im Spätmittelalter, vom 13. bis zum 15. Jahrhundert, entstehen die eigentlichen Handwerkerviertel, z.B. an der Gerbergasse. In den Vorstädten lassen sich die feuergefährlichen Gewerbe nieder, zum Beispiel Töpfer, Bäcker, Schmiede, Wagner.

Bildliche Rekonstruktion: Um 1250 n. Chr. dehnte sich die mittelalterliche Stadt über 350 000 m2 aus und war durch starke Mauern geschützt. Zoom

Basel-Schneidergasse/Stadthausgasse

Um 1250 n. Chr. dehnte sich die mittelalterliche Stadt über 350 000 m2 aus und war durch starke Mauern geschützt.

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Das aktuelle Foto zeigt den spätmittelalterlichen Fundort beim Marktplatz aus dem gleichen Blickwinkel.

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Von Stadtmauern und Erdbeben

Stadtmauern repräsentieren eine mittelalterliche Stadt: Die alte Bischofsstadt Basel besass insgesamt drei Mauerringe. Ein Bischof namens Burkhard hat in unruhigen Zeiten um 1080/1100 den ältesten Mauerring um Basel, die Burkhardsche Stadtmauer, erbauen lassen. Diese älteste Mauer umfasste schon den Münsterhügel und die Gebiete bis zum Leonhards- und Petersgraben.

In der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde sie beinahe an derselben Stelle durch eine neue Mauer ersetzt. Der Platzgewinn war klein, dafür war die neue Mauer beträchtlich stärker. Man nennt sie «Innere» Stadtmauer. Sie lässt sich im Stadtbild anhand der «Graben»-Strassen ablesen: Peters-, Leonhards- und St. Albangraben. Nachträglich wurden viele Halbrundtürme an die Innere Stadtmauer angebaut, die sogenannten Schalentürme.

Die Fundamente des Lohnhof-Eckturms und der Burkhardschen Stadtmauer während der Ausgrabungen.
Ungefähr gleichzeitig wuchsen vor den Stadttoren bereits neue Viertel – die Vorstädte. Diese wurden gegen Ende des 13. Jahrhunderts von eigenen Vorstadtbefestigungen umgeben Auch die im 13. Jahrhundert gegründete Vorstadt «Kleinbasel» gehörte dazu.

Am 18. Oktober 1356 ereignete sich ein grosses Erdbeben. Den grössten Schaden in der Stadt haben die danach ausbrechenden Feuersbrünste angerichtet. Brand- und Bauschutt wurde auch im Stadtgraben abgelagert, was einen interessanten Querschnitt durch den Hausrat aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhundert ergibt. Unter anderem findet man das erste glasierte Geschirr und Überreste von Kacheln der damals reich bebilderten Stubenöfen. Kurz nach dem Erdbeben erfolgte der Bau der Äusseren Stadtmauer (1362–98). Sie bezog die Vorstädte mit ihren schwachen Vorstadtbefestigungen mit ein. Das St. Johannstor, das Spalentor und das St. Albantor und die Stadtmauer im «Dalbeloch» zeugen noch heute davon.

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Basel-Kohlenberg
Der Eckturm der mittelalterlichen Stadtmauer wurde beim Erdbeben 1356 schwer beschädigt, Teile der Aussenmauern sind in den Stadtgraben abgerutscht.

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Latrinen: Abfall- und Fundgruben

Aus dem 13. Jahrhundert kennt man diverse Latrinengruben. So unappetitlich uns das Thema scheinen mag, so bedeutsam können die darin enthaltenen Funde sein. Sie sind als Abfall hineingeraten. Besonders wichtig sind diesbezüglich die Klosterlatrinen der Augustiner-Eremiten (heute Naturhistorisches Museum). Daraus konnte man viel Kochgeschirr und Trinkgläser bergen.

Das Kirchenkonzil (1417 bis 1448) füllte die Stadt mit hohen Würdenträgern und vielen fremden Menschen. In diese Zeit gehören die Funde aus einem Keller und einer Latrine in der St. Alban-Vorstadt: Koch- und Tafelgeschirr aus Keramik, Glasbecher, Flaschen sowie Ofenkacheln zeugen vom gehobenen Lebensstandard. Flachglas und Butzenscheiben beweisen das Aufkommen der damals neuartigen Fensterverkleidungen mit Glas.

Am Übergang zur Neuzeit, im 15. und 16. Jahrhundert, besuchten Gelehrte wie Erasmus von Rotterdam und Künstler wie Hans Holbein oder Albrecht Dürer die Stadt Basel. Eine bedeutende Fundstelle dieser Zeit liegt am Spalenberg. Wiederum in einer Latrine, wurden dort mit Nuppen besetzte Stangengläser, Becher, Glasflaschen und eine schöne, im Geist der Renaissance gestaltete, Ofenkachel gefunden.

Scheibenfibel Zoom

Scheibenfibel
Fundort: Basel, Martinskirchplatz; hochmittelalterlich (850-950 n. Chr.)

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Karolingisches Reich, Münzstätte Basel, Pfennig; Vorderseite
hochmittelalterlich (Anfang des 10. Jh. n. Chr.)

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Karolingisches Reich, Münzstätte Basel, Pfennig; Rückseite
hochmittelalterlich (Anfang des 10. Jh. n. Chr.)

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(Hoch-) Burgund, Königreich, Münzstätte Basel, Pfennig; Vorderseite
hochmittelalterlich (2. Hälfte 10. Jh. n. Chr.)

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(Hoch-) Burgund, Königreich, Münzstätte Basel, Pfennig; Rückseite
hochmittelalterlich (2. Hälfte 10. Jh. n. Chr.)

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Keramiktopf
Fundort: Riehen, Dorfkirche St. Martin; hochmittelalterlich (spätes 10. / frühes 11. Jh. n. Chr.)

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Figur aus Bein
Fundort: Basel, Bäumleingasse 20; spätmittelalterlich (13. Jh. n. Chr.)

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Gelochte Jakobsmuschel
Fundort: Basel, Kaufhausgasse 8 / Barfüssergasse; spätmittelalterlich (13.-15. Jh. n. Chr.)

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Aquamanile (Handwaschgefäss) in Gestalt eines Widders
Fundort: Basel, Gerbergasse 28; spätmittelalterlich (14. Jh. n. Chr.)

Tonpfeife in Form einer Frauenfigur Zoom

Tonpfeife in Form einer Frauenfigur
Fundort: Basel, St. Alban-Vorstadt 28; spätmittelalterlich (15. Jh. n. Chr.)

Stangenglas mit Nuppen Zoom

Stangenglas mit Nuppen
Fundort: Basel, Aeschenvorstadt 12; spätmittelalterlich (Ende 15. / Anfang 16. Jh. n. Chr.)

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